Just over a year later we found that we did have to form a band (or something), as the result of a song (strangely enough) which now exists in three different versions: a 1981 version recorded with a discarded egg-slicer and a dusty sofa (masquerading as a lyre and a bass drum), a 1985 Dauerfisch version recorded with cello and violin (played by two neighborhood gals), and (last but not least) a multilingual, mostly vocal version that Achim and I recorded together in 1994 (a version which actually somewhat discardes the song's original intent - but - what the heck...).
Two fellows from Frankfurt am Main (Germany) stumbled across this third recording and suggested that we release an album with them on their newly founded label, Weisser Herbst Produktion. Well, why not? The Sea Of Tranquility album, LANDED, was released in the Spring of 1995.
Nice. Nice label, nice reviews, lovely fan-mail, but all occurring in such small circles... we felt almost as though we were working in secret... This almost-secret status never changed very much. Never mind though... we're re-introducing our 1995 album here and now. We're also considering a limited-edition collection of remixes from the album (and additional tracks) that were never released. Who knows? Maybe you can help us decide. There are mp3s of the album track "Engellied" (in full length) and three of the never-released LANDED remixes in the "Miss LaLaVox Sings" section.
If you'd like to read what the press had to say about LANDED, please check some of the articles further down the page. We've included an American write-up by Kevyn Dymond and two German write-ups from ZILLO magazine (sorry, no English translations thus far).
For those of you who might like to peruse some of the album's song lyrics, these are included below after the record reviews.
Thanks for tuning in,
Laura
p.s.
Sea of Tranquility now has a MySpace page. There are album tracks and Lost Tracks there for the entertainment of your aural passages. Please click this convenient SOT MySpace image for partaking purposes...
15 song, 61 min. CD. Lyric booklet included (text mostly English, smidge of German & French).
Duo: A sonic scientist with ultra modern laboratory facilities and his partner, a soprano of INCREDIBLY pure & transparent voice. Confession: the first few times I listened to this, I felt too short, as if the disc were aimed well over my head and I wasn't tall enough to connect with it. Kept waiting for it to drop its trousers,so to speak. Many further listenings and getting more comfortable with it, little by little. Esoteric ... like the soundtrack for a surreal fever dream or even for an arty neo-post-impressionist foreign film that I can't make heads or tails of. Unbelievably scary clean sound quality: excellent string section (violin family), endless variety of rich synth tones, microtweakable beat box, great subcontrabass sounds ... the soprano vocalist, already note-perfect & blemish-free, is then recorded using some ungodly expensive microphone (while she sings, one can practically hear exactly where all of her teeth are) ... all of these layers upon layers perfectly placed in the stereo field. Sorta holographic ... alien & futuristic. Music full of complexity & nuance; vocals detached & floating. Besides "Elizabeth & Robin" (the songiest song and my personal fave), highlights include: "Guns", real nice tune, very extracorporeal, deliberately distorted vocal is cool; "Tiger Song", great lyric imagery, nifty tweaked song & songform... 0hrwurm; "Engellied", sorta a capella, multi-tracked & multi-lingual vocals, playful & haunting; "Big Miqhty Drum Cake". tasty instrumental with great string section and orchestral percussion; "The Perpetual Cycles of Dr. Blei", great groove, skankydoodle piano, interesting lyrics; plus lots of other stuff (including a very nicely orchestrated version of Robin O'Brien's "Change"). Hey, don't let my puzzled expression and this pile of dandruff surrounding me deter you from investigating this fascinating artistic feat. Exceedingly highly recommended.
Kevyn Dymond, Anemic Billfold No.4, 11/96
Es ist selten, daß mich eine Gruppe zu reflektierenden
Gedanken über Musik und Musikgeschichte anregt.
Das Berliner Duo Sea Of Tranquility hat das geschafft.
Mit seinem Debütalbum "Landed" (Weißer Herbst
/ EFA) vermengt es nahezu alle Stile des Undergrounds
der 80er und 90er auf so geniale und einzigartige
Weise, daß man hier erstmals die Idee begründen
kann, Darkwave, Electro, postmoderne Neoklassizismus,
Industrial und all deren Untersparten seien nicht
Zeichen und Materialisation fortschreitender Zersplitterung
akustischer Kunst, sondern als Stile einer Gattung
zu bewerten. Nennen wir sie mal Postmoderne Subkultur.
Eine Musikgattung, so meine These, ist erst dann
etabliert, wenn sie ihre Avantgarde hervorgebracht
hat. Avantgarde zeichnet sich u.a. dadurch aus, daß
sie bestimmte Phänomene reflektiert. Und reflektieren,
also über etwas nachsinnen oder daraus etwas
erschaffen, kann man nur, wenn man das, was reflektiert
wird, als Einheit betrachtet. Insofern hilft die Avantgarde,
Einheiten zu erschaffen. Was vorher als Verschiedenes
betrachtet werden mußte, kann nun -- und nicht
erst im nachhinein, wie es oft bei der Klassifizierung
von Stilen geschieht -- als verschiedene Ausformungen
einer Bewegung angesehen werden.
Das ist sicher noch nicht gründlich durchdacht und
vielleicht auch nur für mich eine besondere Erkenntnis.
Sie soll hier auch gar nicht weiter vertieft werden,
denn schließlich geht es um die Vorstellung einer
Band. Aber ich finde, wenn Musiker mit ihre Musik
zu solchen Überlegungen anregen, ist dies mitteilenswert.
Selten genug passiert so etwas, und vielleicht geht
es ja dem einen oder anderen ebenso, wenn er
"Landed" auflegt. Doch nun zu Sea Of Tranquility.
Avantgardisten der postmodernen Subkultur sind
für mich, um nur einige zu nennen, Gruppen wie
Calva Y Nada, Hum Projimo und Mynox Layh. Wer
deren Musik kennt, weiß, was ich meine. Hier werden
Stile dadurch reflektiert, daß sie in ungewöhnliche
Klang-Kontexte gestellt oder auf neue Art und Weise
zusammengebracht werden. Sampler und digitale
Elektronik bieten hier eine technische Erleichterung,
die zum Zitieren und Verfremden von Zitaten geradezu
einladen.
Sea Of Tranquility steht mit eigener Individualität
fest in dieser Reihe, hebt sich aber durch bestimmte
Dinge zugleich weit von hier genannten Gruppen
ab. Da ist zum einen der hervorragende, klassisch
ausgebildete Gesang der Amerikanerin Laura Carleton,
der, vielschichtig mehrstimmig arrangiert, festes Strukturelement
der Musik von Sea Of Tranquility ist. (O-Ton Laura,
die mit 17 einen 9-jährigen Gesangsunterricht begann:
"Ich wollte schon immer ernsthaft singen. Schon als
kleines Kind habe ich meiner Mutter verraten, daß
ich eine geheime Gabe habe.") Zum anderen zitiert
Musiker Achim Treu nicht so sehr Mithilfe von Samplings,
sondern durch das eigene Spiel, das sich, obwohl
nur autodidaktisch angeeignet und nicht unbedingt
virtuos, harmonisch als äußerst versiert und komplex
erweist.
Dennochist die Musik des Duos zu jedem
Zeitpunkt zugänglich und anziehend
-- womit es wieder in die oben genannte
Reihe paßt, denn alle dort genannten Bands haben
ihre elitären, anstrengenden, kodierten Klangkosmen
inzwischen in Richtung (fast) unbeschwerter Hörbarkeit
weiterentwickelt.
Der Opener und Titlesong könnte mit seinen verschleppenden
Drumpatterns, sirenenhaften Klangsplittern, Räume
öffnenden Vibraphon-Akzenten und befremdlich anmutenden
Streichermotiven einen Soundtrack zu einem surrealistischen
Krimi abgeben, das mehrsprachige "Engellied" kombiniert
sakralen Chorgesang mit infantilen Voices, mittelalterlicher
Rhythmik und traumartiger Atmosphäre. "As Thick
As Fingers" überführt surrealistische Soundschnipsel
in einen herrlich elegischen Electrowave-Song, und
der "Big Mighty Drum Cake" mit seinen vertrackt
betonten Streicher-Stakkati könnte fast ein Exzerpt
aus irgendeinem Strawinski- oder Varese-Werk
sein.
Kein Wunder, denn Achim nennt diesen wie auch Bartok
und Hindemith als klassische Vorbilder. In seinen
Ausflügen auf dem Klavier (u.a. zu Beginn von "The perpetual Cycles Of Dr. Blei")
kommt dies besonders zum Ausdruck. Auch seine Vorliebe für Erik Satie. Achim: "Als
kleiner Junge habe ich immer heimlich unter dem Kopfkissen Radio gehört. Und da kam
spät in der Nacht eine Sendung mit Klaviermusikmusik, die mich total fasziniert hat. Es war
Erik Satie."
Songwriterische- und Waveelemente, aber auch verträumtes und neofolkiges kommen mehr
von Laura ins spiel, die nicht nur singt, sondern auch musikalische Ideen , auf einem
Keyboard, in Sea Of Tranquility einbringt: "Ich liebte von Anfang an Wave und Darkwave aber auch Kate Bush und Joni Mitchell."
Die zweite Hälfte der CD (ab "Destination") widmet sich eher diesem Genre und ist
nicht weniger bezaubernd als die abstrakteren und eklektizistischen ersten Stücke.
"Change" komprimiert diese Einflüsse zu einem wirklichen Klasse-Song, der hier allen
als Anspieltip ans Herz gelegt sei. Auf die Frage, ob sie bei ihrer Musik besonders darauf
achten, bei aller Vielseitigkeit und Fremdheit nachvollziehbar zu bleiben, antwortet
Laura:"Nein, eigentlich nicht. Wir machen einfach das, was uns Freude bereitet. Dabei
kommt uns natürlich zu gute, daß die Leute heute offener für Stilbrüche und krassere
Klänge geworden sind. So etwas wie Björk zum Beispiel wäre vor einigen Jahren in
der Popwelt nicht denkbar gewesen."
Und Achim ergänzt: "Musik zu erschaffen, soll Spaß machen. Das erfordert einen gewissen
Anspruch oder ein gewisses Niveau. Bei manchen Gruppen oder Künstlern ist sie dann
leider kaum noch hörbar. Ich könnte beide Arten von Musik machen, aber ich will es
niemandem zumuten, unhörbares anzuhören, nur weil es mir Spaß gemacht hat, es zu kreieren."
Und so sind Sea Of Tranquility (benannt übrigens nach dem Meer der Ruhe auf dem Mond
- deshalb auch "Landed" als Albumtitel) in einer glücklichen Lage: Sie können kompromißlos
ihren musikalischen Anspruch ausleben, ohne das wir uns als Rezipienten dabei verrenken müssen.
Avantgarde zum Anfassen, für den unbeschwerten Hausgebrauch. Und hier schließt sich
der Kreis. Die Avantgarde der populären Subkultur ist selber populär. Macht weiter
so, ihr beiden!
Joe Asmodo, ZILLO 10.95